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#8 HRO-800: Die Lange Straße und der erste Strandkorb der Welt

Hurra, unser wunderschönes Rostock feiert dieses Jahr seinen 800. Geburtstag. Für uns ist das ein schöner Anlass, um mal richtig tief in der Rostocker Historien-Schatzkiste zu kramen und Euch jede Woche Montag eine geschichtliche Perle über unsere Hansestadt preiszugeben.

Auch Strandkörbe haben Gefühle – hier zu sehen: Das dritte Date von Nr. 151 und Nr. 455. Sie nutzen den romantischen Sonnenuntergang, um sich hormongeschwängert zärtliche Liebesbekundungen ins Geflecht zu flüstern. Da wir alle wissen, was nach dem dritten Date passiert, wollen wir die beiden Turtelkörbe auch nicht weiter stören.

Ohne Strandkorb, kein Warnemünde – jedenfalls nicht so richtig. Diese korbgeflochtene, wunderschöne Sitzgelegenheit gehört einfach zu unserem Strand wie das Meer. Der Strandkorb ist ein Symbol deutscher Küsten und hiesiger Badekultur. Heute ist er die Kirsche auf dem Eis eines chilligen Strandtages – zumindest, wenn man es sich leisten kann. Auch wenn wir Studenten nun eher weniger flüssig sind und deshalb lieber auf einem Handtuch im Sand liegen, lohnt sich ein Strandkorb immer. Nicht nur im Sommer, sondern auch bei einer heißen Schokolade im Herbst. Und der erste seiner Art wurde 1882 hier bei uns in Rostock erfunden.
Doch der ursprüngliche Grund, der dazu führte, dass vor 136 Jahren ein Korbmacher aus Rostock den ersten Strandkorb baute, zielte nicht auf einen Touristen-Coup ab, sondern war der Auftrag einer rheumakranken älteren Frau namens Elfriede von Maltzahn. Auch damals waren die Rostocker alle wild auf den Warnemünder Strand und genossen es, sich in der Sonne zu aalen – allerdings stets in hochgeschlossener Kleidung, denn im 19. Jahrhundert galt gebräunte Haut als Merkmal der niederen Gesellschaft. Sich zu sonnen, war alles andere als hip. Auch das könnte eine Komponente des Erfolgs des sonnenschützenden Strandkorbs gewesen sein.
Argwöhnisch beobachtet Nebenbuhler Nr. 33 die beiden. Er rechnete sich große Chancen bei Nr. 455 aus, doch bekam einen – *hüstel* – Korb. Nun guckt er traurig in die Röhre. C´est ce la vie…

Die ältere Dame liebte es, an der Ostsee zu sitzen und hinaus zum Horizont zu blicken, um sich in Gedanken zu verlieren. Bei Wind und Wetter tat sie das. Allerdings wurde sie durch das Rheuma immer mehr eingeschränkt, sodass aus einem eigentlich erholsamen Strandtag immer mehr eine Herausforderung wurde. Madame von Maltzahn wollte sich von der Krankheit jedoch ihren Lieblingsort nicht vermiesen lassen und beschloss, in die Lange Straße zu gehen, wo der Korbmacher Wilhelm Bartelmann seine Werkstatt hatte. Sie bat ihn darum, ihr eine geschützte Sitzgelegenheit anzufertigen, damit sie den Sommer, trotz ihrer Krankheit, genießen kann wie alle anderen.
Von diesem emotionalen Tiefschlag lässt sich Nr. 33 nicht entmutigen und versucht sein Glück in der Strandkorb-Disco. Man sieht, hier herrscht enges Gedränge aufm Trance-Floor – und die Nummer 1266 guckt schon die ganze Zeit rüber. Geht da vielleicht was?

Der Rostocker Handwerker kam der Bitte der Frau nach und schuf einen Einsitzer, den er, vielleicht etwas uninspiriert, „Strandstuhl“ nannte. Das Möbelstück hatte Wände aus Weiden- und Rohrgeflecht, die mit einem Markisenstoff überzogen wurden, damit auch ja kein Wind fies durch die Lücken des Geflechts pfeifen konnte. Die werte Dame sollte es schließlich maximal gemütlich haben.
So weit die Geschichte. Zwar gab es bereits verwandte Vorläufer des sogenannten Strandstuhls, doch der allgemeine Konsens lautet, dass Bartelmann der Erfinder des typischen Strandkorbes ist, wie wir ihn heute kennen. Er entwickelte seinen einsitzigen Prototypen nämlich zu einem Zweisitzer weiter und fügte ihm Seitentische sowie Fußstützen hinzu. Außerdem konnte man die Rückwand in einem Winkel von bis zu 45° nach hinten verstellen. 
Nein! Denn nachdem Nr. 33 sich mehrfach mit Nordhäuser Doppelkorb Mut antrinken musste, ging irgendwann gar nichts mehr. Das einzige, was er an diesem Tag noch aufreißen konnte, war die Klotür. Obwohl: nicht mal das klappte. Und so erbrach er sich in seiner schönen roten Ausgehmarkise in den Warnemünder Dünen.

Bartelmanns schmuckes Strandmöbelstück sprach sich bald herum und ließ die Nachfrage binnen weniger Jahre nahezu explodieren. Der Rostocker lieferte seine Erfindung bald an sämtliche Nord- und Ostseebäder. Dass der Strandkorb zu so einem wirtschaftlichen Erfolg wurde, geht allerdings auf seine Ehefrau, Elisabeth Bartelmann, zurück. Sie bewies ökonomisches Geschick und war hauptverantwortlich für den Vertrieb. Sie erkannte zudem, dass die Vermietung der Strandkörbe rentabler war als der saisonale Verkauf und kann letztendlich als der ausschlaggebende Grund genannt werden, dass wir heute die Möglichkeit haben, in einem Strandkorb zu gammeln, um Literatur für unsere Hausarbeiten zu wälzen. 

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