Wir GeisteswissenschaftlerInnen sind doch alle mit dieser Frage aufgewachsen: „Was willst du mit deinem Studium eigentlich später machen?“ So leitete der Careers Service der Uni Rostock das Seminar „Bachelor – was dann? Karriereoptionen für GeisteswissenschaftlerInnen“ ein. Und sie haben recht: Für Fragezeichen sorgt der Fachbereich bei Verwandten, weil GeisteswissenschaftlerInnen (BA und MA) eben im Gegensatz zum Lehramt keine festgelegte berufliche Laufbahn haben. Das heißt aber nicht, dass sie gar keine haben. Welcher Art diese zahlreichen Mölglichkeiten sind, erklärte Anja Klütsch vom Careers Service. Dann muss Mutti sich (und Du dich vielleicht auch) nicht mehr sorgen, dass Du mit dem Germanistikstudium die nächste verbitterte Bibliothekarin in der Heimatstadt wirst.
Was will ich überhaupt?
Für Generation Y eine Frage, die so schwer ist wie am Steintor das richtige Straßenbahngleis zu finden. Für die Berufswahl aber unabdinglich. Um das klarzumachen, wirft Anja Klütsch eine Liste mit Prioritäten an die Wand.
- Wissenschaft
- Familie
- Geld
- am Meer leben
- selbstständig sein
- Manager werden
Der perfekte Job verbindet Punkte 1-6. Überraschung: Es gibt ihn nicht. Findet man für sich selbst die ein oder zwei wichtigsten Punkte dieser Liste, so wird der Sandstrand an Berufsmöglichkeiten schon einmal zur kleineren Sandkiste. Klütsch erzählt: „Wer viel Geld verdienen möchte, kann zum Beispiel in die Unternehmensberatung gehen. Je nach Abschluss liegt das Einstiegsgehalt bei 55.000 Euro im Jahr.“ Allerdings mit Abstrichen: Eine 60-Stunden-Woche und den Samstag als Arbeitstag zu akzeptieren macht Punkt 2 schon einmal zur Herausforderung. Und ja, am Meer leben zu wollen kann eine Priorität sein: Klütsch erwähnt, dass Generation Y nunmal auf Work-Life-Balance wertlegt und dass sie selbst 1997 allein aus diesem Grund nach Rostock gezogen sei. Und, weil sie surfen lernen wollte.
Habe ein Ziel und träume – egal, ob jemand lacht
Was damals Feuerwehrmann und Ballerina war, ist heute Pressesprecher bei AIDA und Dolmetscher bei der UEFA. Bei Äußerung des ersten Traumberufs geht leises Gelächter durch die Reihen. Der zweite Beruf ist Realität. Klütsch erzählt von einem Berufsberatungstermin, bei dem die Studentin nur wusste, dass sie vier Sprachen spricht und diese im Beruf anwenden möchte. Heute ist sie Dolmetscherin bei der UEFA („und mag mittlerweile sogar Fußball“, fügt Klütsch lächelnd hinzu).
Wer seinen Traumjob kennt, hat ein Ziel. Danach gilt es, den „Arbeitsmarkt zu segmentieren und einen Plan zu machen“ (Klütsch). Heißt: Welche Stationen muss ich absolvieren, um meinen Traumjob zu erreichen? Selbst, wenn dein Traumjob vom Bundeskanzler nicht in Erfüllung geht, kommst du mit dieser Herangehensweise so nah wie dir möglich dort hin. Und das bedeutet, dass du deinen Job mögen wirst.
Geisteswissenschaftler sind Allrounder
Das bedeutet, dass wir nicht nur auf unseren Fachbereich limitiert sind. Germanisten in der Wirtschaft, Sozialpädagogen im Museum. Uns steht die ganze Welt offen. Die häufigsten Tätigkeitsfelder fasst Klütsch zusammen:
- Journalismus/PR/Verlags- und Bibliothekswesen
- Schulen/Aus- und Weiterbildungen
- Kunst & Kultur
- Leitende Funktionen/Management/Referenten/wissenschaftliche Mitarbeiter
- Internationaler Austausch/Sprachen/Tourismus
- Sozialwesen/Pädagogik/Psychologie
- Wissenschaft/Hochschule/Forschung
- Wirtschaft/Marketing/Personalwesen/Werbung/Sprachen
Punkt 4 scheint schwammig – und das ist er auch. Denn als GeisteswissenschaftlerIn kannst Du quasi in jeder Firma oder Institution der Welt arbeiten. Jeder braucht einen, der die Textarbeit macht. Auch die Regierung braucht – wie bekannt – für alles einen Minister, auch für Pressearbeit und auch für Felder, die dich sonst interessieren (zum Beispiel Gleichstellung oder Umwelt). Auch eine UEFA braucht einen Dolmetscher. „GeisteswissenschaftlerInnen sind oft Quereinsteiger“, so Klütsch.
Es gibt viele Möglichkeiten. Zu viele? Das Gute an unserer Generation ist vermutlich auch, dass man in seinem Beruf nach dem Studium nicht mehr alt wird. Das hat zumindest der Deutschlehrer der Autorin gesagt. Da wir nicht mehr zwingend mit 25 verheiratet und mit eigener Kiesauffahrt leben müssen, können wir auch einige Jahre lang ruhig mal rumprobieren, bis wir unser Ideal gefunden haben.
Für konkrete bundesweite Stellenanzeigen empfiehlt Anja Klütsch den WILA Arbeitsmarkt. Dort kannst Du dich außerdem kostenlos für einen Newsletter mit neuen Stellenanzeigen anmelden.
Hobby als Beruf
Nein: Damit ist nicht gemeint, dass dein Einkommen aus Preisgeldern der Pokémon-Go-Meisterschaften bestehen wird.
Unser aller übergeordnetes Ziel ist schließlich das Glücklichsein, und deshalb sollte man bei der Berufswahl Kompetenzen und Stärken mit Leidenschaften und Werten verbinden, erklärt Klütsch. Ihr Gegenüber in einem Beratungsgespräch ist mal ein Historiker gewesen, der in seiner Freizeit gerne Rad fährt. Klütsch hat ihn darauf gebracht, dass es Reiseveranstalter gibt, die sich auf Radtouren spezialisiert haben. Bei denen ein Tourleiter Historisches erzählt. Richtig glücklich wird man eben erst dann, wenn der Beruf eine Leidenschaft beinhaltet oder diese nicht verhindert. Gerade für uns Uniabgänger sollte das Ziel sein, das Wort „Arbeit“ für die tägliche Beschäftigung, auf die man so lange hingearbeitet hat, irgendwie unpassend zu finden. Wie Anja Klütsch, die einen tollen Job hat und nun nach Feierabend surfen gehen kann.
Also: Augen zu bei der Berufswahl. Hör auf dein Herz und nicht darauf, was andere sagen.
„Ich weiß immer noch nicht, was ich will“
Wenn das dein momentaner Gedanke ist, kannst Du immer noch Mutti um Rat fragen. Aber da Mutti auch glaubt, dass Du singen und groß rauskommen kannst, sind da noch Leute, die sich darauf spezialisiert haben, dir zu helfen. Am professionellsten, kostenlos und sehr mit Kontakten vernetzt, die dein neuer Arbeitgeber werden könnten, ist da wohl der Careers Service der Uni Rostock. Hier kannst Du durch Gruppen- oder Einzelberatung, Bewerbungscoaching oder Bewerbungsmappencheck Hilfe bekommen, um nur einiges zu nennen. Sieh selbst:
Careers Service Uni Rostock
Anja Klütsch & Anne-Katrin Westphal
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