Nachdem wir letzte Woche bereits (HIER) über die Pulse of Europe Bewegung berichteten, haben wir uns diesen Sonntag selbst auf den Weg gemacht, um zu sehen, worum es eigentlich geht.
Ort: Rostock, Kröpeliner Tor
Uhrzeit: 14 Uhr
Jeden Sonntag versammeln sich in vielen Städten Europas die Menschen, um gemeinsam für ein besseres und weltoffenes Europa zu demonstrieren. Doch wer jetzt an einen Umzug, Polizeiaufgebot und Schlachtrufe denkt, der ist fehl am Platz. Es gibt einen Versammlungsort und dort findet das Ganze auch statt, Polizei haben wir (zumindest in Rostock) nicht gesehen (die bewacht eher das KTC vor gelangweilten Jugendlichen) und niemand skandiert irgendwelche abgedroschenen (Wir sind hier, wir sind laut…) Parolen.
Stattdessen beginnen die Organisatoren- die freiwillig und mit viel Eigenkapital arbeiten- mit einer Begrüßung und einer Erklärung, wofür Pulse of Europe steht. Dann eine kurze Vorschau: Heute spielt eine Band und ein Chor der Europaschule ist ebenfalls anwesend. Außerdem malen Kinder auf dem Platz vor dem Kröpeliner Tor eine Europafahne aus.
Die Europahymne wird erstmals gespielt und Helfer gehen herum, um Flyer und Buttons zu verteilen. Sie unterhalten sich mit den zufällig stehen bleibenden Menschen, die eigentlich durch die Stadt schlendern, weil verkaufsoffener Sonntag ist. Kaum einer bleibt wirklich lange, doch viele lassen sich zumindest erzählen, worum es geht.
Dann kommt die Chance für Redebeiträge. Wer möchte, kann sich an das Mikro hinter dem Pulse of Europe Banner stellen und von Europa erzählen. Egal ob es ein Aufruf ist, ein Wunsch oder eine persönliche Geschichte. Wichtig ist nur, dass es keine Parteipolitik, Hass oder Beleidigungen gibt. Denn dafür steht Pulse of Europe nicht. Ein Redner bejaht die Entscheidung, dass man europaweit für denselben Preis telefonieren kann. Verhaltener Applaus. Später ergreift eine junge Dame mit deutlich raushörbarem französischen Akzent die Chance. Ihr Vater ist Franzose, ihre Mutter Deutsche, sie selbst hat schon in den verschiedensten Ländern Europas gelebt und studiert. Jetzt ist sie in Rostock gelandet und erzählt, was Europa ihr gegeben hat: Sie hat jetzt einen Freund. Sie erwähnt seine Nationalität nicht und vermutet, dass man sie trotzdem erraten wird. Sein Name ist Helmut.
Es folgt Musik und noch ein paar organisatorische Hinweise: Spenden sind erwünscht, da sich das Projekt ausschließlich aus Spenden und dem Eigenkapital der Organisatoren finanziert. Auch Mitarbeit ist erwünscht, denn die Versammlung soll weiterhin jeden Sonntag stattfinden. Dann bittet man kurz vor 15 Uhr die Menschen, sich an den Händen zu fassen und einen Kreis zu bilden. Erneut wird die Europahymne gespielt und dann wird noch einmal durchgezählt. Leider wird die Zahl nicht laut verkündet, doch vor uns stehen circa 150 Händchenhaltende. Das sind etwas weniger als zur Stoßzeit um 14.30 Uhr und etwas mehr als zu Beginn um 14 Uhr.
Unser Fazit: Für ein reformierbares Europa auf die Straße zu gehen, ist eine gute Sache. Niemand gibt sich der Illusion hin, dass Europa oder die EU perfekt seien. Doch die Grundidee bleibt eine, die es zu verteidigen gilt. Das Problem, das die Pulse of Europe Bewegung hat, ist jedoch, dass sie unspektakulär ist. Ohne Polizei, Parolen oder einen Marsch interessieren sich die Medien nur bedingt für die Aktion. Auch wirkt die Veranstaltung noch etwas fahrig und das Händehalten kann für Einige etwas zu viel Flowerpower-Charakter haben. Doch vorbeischauen lohnt sich. Pulse of Europe ist bunt und friedlich. In einer Welt, in der wir ständig mit Horrorszenarien und rechten Aufschwüngen beschallt werden, zeigen die Menschen, dass es Gegenstimmen gibt. Dass Europa eine gute Idee ist. Dass Europa Menschen zusammen bringt und nicht den anti-demokratischen Kräften überlassen werden darf.
Ostersonntag (16.04.2017, 14 Uhr, Kröpeliner Tor) hoffen die Organisatoren auf weitere Gäste und vor allem viele Familien, die ihren Osterspaziergang vielleicht etwas europäisch gestalten möchte.
#PulseofEurope: Live dabei!
