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Abstieg auf allen Ebenen bei Hansa Rostock? – ein Kommentar

hansa rostock chaos

So schnell wendet sich das Blatt. Vor zwei Wochen war unsere Begeisterung für das DFB-Pokal Spiel von Hansa gegen Stuttgart noch kaum zu bremsen. Die Wende würde sicherlich mit diesem Spiel kommen, ganz sicher wäre der holprige Start in der Liga bald vergessen.

Heute ist alles anders, auf und neben dem Platz herrscht Panik und Entsetzen. In den Medien erhält Hansa sein rechtes Image zurück und in der Tabelle geht es runter auf den Abstiegsplatz 17. Wo führt das hin?(

Der DFB-Pokal-Skandal

Das hat nichts mit nichts zu tun. Alles Panikmache, total übertrieben. So oder so ähnlich lautet die populistische Erzählung vieler Fans zur Choreo der Wolgastä am 12.August.

Dass die Wolgastä für rechte Tendenzen bekannt sind und die Kombination von Frakturschrift, Totenkopf und den Worten multikriminell und Vaterland nun mal ein rechtes Bild schafft, davon will man nichts hören. Wie immer sind es hier einige Wenige, die bewusst provozieren, die genau wissen, was sie tun. Die anderen springen fleißig auf den Leugnungszug auf und helfen dabei, die Aktion (scheinbar) zu legitimieren.

Die Paranoia, die dem Populismus innewohnt, wird hier mehr als deutlich. Sofort sieht man die bösen Medien, die bösen Fans, die eine Choreo kritisieren, alle wollen den Verein zerstören. Falsch. Eigentlich möchte man Politik aus dem Stadion raushalten, so wie es die Fanszene jahrelang gefordert hatte. Einst wurden NPD-Politiker von der Südtribüne vertrieben, heute teilt die AfD Bilder von Hansa-Choreos bei Facebook.

(Man stelle sich vor, ein Fanclub hätte eine Choreo präsentiert, auf der es „Für Verein und Seenotrettung“ heißt – wie hätte die Reaktion dann ausgesehen? Hätte man nicht sofort nach „Keine Politik im Stadion“ geschrien?)


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Wo genau liegt das Problem? Ist es unsere persönliche Auffassung, die uns hier zur Kritik treibt? Ja und nein. Anstatt eine Klageschrift auf diese Choreo zu schreiben, sehen wir die Ereignisse vielmehr als Symptom für etwas, was uns als Fans und Mitglieder Sorgen über die Choreo hinaus bereitet.

Denn die Choreo wurde vorher mitsamt Skizze vom Vorstand des FC Hansa abgesegnet. Die Zeiten, in denen man Spruchbänder also als Einzelfälle abtun konnte, sind vorbei. Im Aufsichtsrat sitzt ein ehemaliges Mitglied der Suptras. Vor einigen Jahren wurde bekannt, dass führende Köpfe der Fanszene engen Kontakt zu Investor Rolf Elgeti pflegten – und in Personalplanung eingriffen (Ultras bestimmen Personalplanung).

Dass der Verein nun diese Choreo unter Meinungsfreiheit abtut, ist ein Armutszeugnis. Der Verein besitzt Hausrecht und kann somit unangebrachte Choreographien problemlos ablehnen oder Änderungen vorschlagen. Nur weil etwas nicht rechtswidrig ist, ist es nicht gleich richtig. Sollte der Vorstand wirklich nicht vorher erkannt haben, dass es hier eine Vereinsschädigung geben würde, dann muss man entweder von grober Inkompetenz ausgehen oder von einem zu festen Griff einiger Weniger, die sich selbst über den Verein stellen.

Wolgastä Choreo Reaktionen

Mittlerweile sind wir schon an dem Punkt angelangt, an dem Pyrotechnik im Stadion keine Nachricht mehr wert ist. Denn während der Choreo und während des Spiels wurden immer wieder Fackeln und Rauchtöpfe gezündet, die den Verein viele tausende Euro kosten werden. Aber das scheint man mittlerweile zu akzeptieren. Nicht einmal einen erhobenen Finger, geschweige denn echte Konsequenzen, muss man erwarten.

Das Problem auf dem Platz

Vielleicht würde man sich trauen, die Fanszene wieder in engere Regeln zu schnallen, wenn man sich nicht gerade für die sportliche Situation rechtfertigen müsste. Denn es stimmt schon – wenn es mit dem Verein bergab geht, ist die Fanszene trotzdem noch da. Das rechtfertigt allerdings kein bewusst vereinsschädigendes Verhalten, sorgt aber dafür, dass Vorstand und Aufsichtsrat einen Druck spüren, die Fans auch in schlechten Zeiten bei Laune zu halten.

Und diese schlechten Zeiten sind jetzt gekommen. Wieder einmal musste zu Saisonbeginn ein kompletter Umbruch in der Mannschaft vorgenommen werden. Dies geschah immerhin mit einem Trainer, Jens Härtel, der bereits seit Anfang des Jahres dabei und somit nicht völlig neu war – wie er diesen Job bekam, spricht jedoch wieder einmal Bände.

Denn im Januar wurden sowohl Pavel Dotchev als Trainer als auch Sportvorstand Markus Thiele urplötzlich entlassen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Hansa in einer sportlichen Krise, stand auf Tabellenplatz acht. Abstand zu Relegationsplatz 3? 20 Punkte. Mit Jens Härtel sollte die Wende kommen. Man beendete die Saison auf Platz sechs mit 15 Punkten Abstand auf Platz 3.

Wer Fan von Dotchevs Art und Arbeit war, der sieht hier sofort, dass man sich den Wechsel auch hätte sparen können, um stattdessen auf Konstanz zu setzen und nicht wieder einen Trainer nach weniger als zwei Jahren zu entlassen. Doch die meisten Fans blieben fair und erkannten, dass Härtel in einer schwierigen Situation übernahm, genau wie Martin Pieckenhagen, der sich nun als Sportvorstand um die Mannschaft kümmerte.

Aber wo stehen wir heute? Auf Platz 17. Nicht nur, dass man Leistungsträger wie Soukou, Biankadi und Hüsing abgeben musste, auch Spieler, die den Verein schon länger kennen, liefen davon. Im aktuellen Kader ist nur Lukas Scherff aus der eigenen Jugend vor 2017 im Verein gewesen (Anmerkung: Kai Bülow kehrte zurück). Weitere Identifikationsfiguren? Konstanz? Fehlanzeige.

Auch hier gäbe es für Optimisten die Möglichkeiten, die Situation zu beschönigen: mit neuer Mannschaft zum Erfolg! Doch der stellte sich nicht ein. Härtel fordert neue Spieler, findet aber schon mit dem aktuellen Team keinerlei umsetzbare Spielidee oder Abstimmung – ob das wirklich nur an mangelnden Top-Spielern liegt? Der aufopferungsvolle Kampf im DFB-Pokal ist im Nachhinein wenig wert, wenn man bedenkt, dass der VfB Stuttgart ebenfalls mitten in einem Umbruch steckt und mit miserabler Leistung auftrat.

Der Verein lässt kein Konzept erkennen. Die alten Parolen sind wieder da:

  • in der ersten Halbzeit waren wir richtig gut
  • darauf lässt sich aufbauen
  • uns fehlte das nötige Glück im Abschluss
  • die Mannschaft braucht Zeit
  • das Tor entstand nach einem individuellen Fehler

Wohin führt der Weg, Hansa?

In der Öffentlichkeit hat das Ansehen des Vereins einen gewaltigen Knacks erhalten – da kann man noch so lange darüber streiten, ob Reaktionen überzogen waren oder nicht, der Schaden ist da und er geht nicht mehr weg.

Der Verein zieht sich dabei aus der Verantwortung und möchte sich auf das Sportliche konzentrieren. Und scheitert aktuell auch damit. Fans rufen schon zynisch das neue Motto aus: Gemeinsam nach unten.

Als Hansa Mitglied fühlt man sich im Moment so hilflos wie nie. Abstiege, drohende Insolvenzen, Trainerchaos – alles schon durchgemacht. Doch nun stimmt absolut gar nichts mehr im Verein und es gibt mehr Baustellen, als man beackern kann.

Politische Diskussionen um das SOG-MV, Choreos oder gar Daniel Frahn werden offen ausgetragen – der ohnehin durchsichtige Vorhang desUnpolitischen ist weg. Der Vorstand hat keine Haltung dazu, ignoriert das Thema praktisch und verschlimmert damit den Image-Schaden. Gleichzeitig sieht er hilflos dabei zu, wie die Mannschaft auf dem Platz allen Ansprüchen hinterherläuft.

Nun wächst die leise Hoffnung, dass mit dem Geld aus dem Verkauf von Biankadi endlich echte Verstärkungen geholt werden können. Wer allerdings denkt, dass es plötzlich in Richtung 2. Bundesliga geht und wir einfach so tun können, als hätte es die Diskussionen drum herum nie gegeben, der hat nicht aufgepasst.

Die Unruhe, die unseren Herzensverein umgibt, ist bedrohlicher denn je. Die Fans sind gespalten bei der Frage, ob man das Ruder herumreißen kann oder ob es wieder eine Saison Abstiegskampf geben wird – der immer auch Unruhe auf den Rängen verursacht, die man sich nun nicht mehr leisten kann, da man unter Beobachtung steht.

Quo vadis Hansa? Hoffentlich nicht zu einem neuen Tiefpunkt der Vereinsgeschichte.


Anmerkung: Wenn wir mit unseren Befürchtungen und Prognosen falsch liegen sollten, sind wir die Ersten, die das feiern und sich entschuldigen. Wir wünschen unserem Verein nur das Beste. Deshalb können wir aber nicht ignorieren, was vor unseren Augen passiert. Tiefgreifende Kritik zu üben ist nicht dasselbe, wie eine Mannschaft nach einem 0:0 auszupfeifen oder persönliche Attacken auf Facebook zu starten – wir wünschen uns daher eine faire Diskussion.

Wir wollen eure Meinung hören: Wo geht es sportlich hin? Beeinflusst die Wolgastä-Choreo eure Sicht auf den Verein? Glaubt ihr noch an Härtel und Pieckenhagen?

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