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DIE IST DOCH BETRUNKEN! Ein Kommentar zum Thema Hilfsbereitschaft

Nach einer Plasmaspende, die an sich schon etwas kompliziert verlaufen ist, bin ich mit einer Freundin zum Hauptbahnhof gefahren. Sie fuhr weiter, ich stieg aus. Sobald ich aus der Straßenbahn raus war, merkte ich die kleinen Stiche im Gesicht, die Taubheit ankündigten. Innerhalb von Sekunden brach der Kaltschweiß aus und die Sicht wurde schwächer. Mit höchster Konzentration und mit Tunnelblick ging ich die Treppen hoch. Mit jeder Stufe wurden meine Füße schwerer bis ich sie irgendwann nicht mehr genügend anheben konnte und stürzte.

Niemand half…

Jap, NIEMAND half!

Mit den letzten Kräften habe ich mich selbst aufgerafft und bin die letzten Stufen hoch gewankt, um mich dann endlich auf einen Sitz fallen zu lassen. In dieser Situation, in der ich selbstständig nicht mehr um Hilfe bitten konnte, hätte ich mir nichts sehnlicher als ein wenig Hilfsbereitschaft gewünscht. Mit einem Kreislaufzusammenbruch allein gelassen zu werden, ist ein scheiß Gefühl!

Das Traurige ist, dass ich nicht alleine war. Es sind genügend andere Menschen mit mir aus der Straßenbahn gestiegen und die Treppen hoch gegangen. Ich verstehe, dass manche meine Situation nicht mitbekommen haben, aus welchen Gründen auch immer. Aber ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass zumindest diejenigen, die einen großzügigen Bogen um mich gemacht haben, etwas bemerkt haben müssen.

Ein großes Danke an diejenigen, die ohne zu Zögern nach rechts gehen!

Trotz meiner Wut und meinem Ärger über die Ignoranz, kann ich das Verhalten schon ein kleines Fünkchen nachvollziehen, denn …

… sie dachten wohl, ich wäre betrunken.

Im Nachhinein habe ich mich gefragt, weshalb die Leute nicht geholfen haben. Vielleicht dachten sie einfach, ich hätte zu tief ins Glas geguckt. Und es kommt ja auch fast hin: junges Mädel, glasige Augen, schwankender Gang, blass wie eine Leiche.

„Da ist sie ja selbst schuld, was soll ich da machen? Die muss nach Hause und ordentlich ausschlafen!“, mögen sich vielleicht einige gedacht haben. Aber darf das wirklich ein Argument sein?

In solchen Fällen muss das Urteilen einfach abgelegt werden. Ich hatte weder Alkohol noch andere Drogen konsumiert. Das Problem war mein Kreislauf, der nach einer Plasmaspende von einer Sekunde auf die andere in den Keller ging.

Zeit, sich an die eigene Nase zu fassen

An dieser Stelle muss ich aber auch ehrlich sein und zugeben, dass ich selber geurteilt habe, wenn ich eine vermeintlich betrunkene Person gesehen habe. Gerade bei den altbekannten „Alkis“, deren Fahne noch ein paar Meter weiter zu riechen ist, habe ich mir gedacht: „Selbst schuld!“.

Schläft er oder ist er tot?: Auch der „Alki“ vom China-Imbiss nebenan könnte dringend Hilfe benötigen!

Ausschlusskriterien, um anderen Menschen zu helfen, sollte es nicht geben. Ob sich jemand nicht mehr auf den Beinen halten kann, weil der Kreislauf nicht mitmacht, oder ob jemand im eigenen Erbrochenen liegt, weil er tatsächlich zu viel getrunken hat – es macht keinen Unterschied. In beiden Fällen ist es mehr als fahrlässig, die Hilfe zu verweigern!

Daher eine große Bitte an alle!

Bietet lieber ein Mal zu viel eure Hilfe an als ein Mal zu wenig. Macht keine Unterschiede zwischen den Menschen, die Hilfe brauchen. Ja, vielleicht ist ihre Lage selbstverschuldet. Das ist aber kein Grund, nicht zu helfen!

Aus eigener Erfahrung weiß ich jetzt, dass es sich nicht gut anfühlt, wenn keine Hilfe angeboten wird. Umso bewusster bin ich mir jetzt, dass JEDER meine Aufmerksamkeit und Hilfe verdient hat!

Noch schlimmer als nicht zu helfen: GAFFEN!

Kleiner Umschwung, der aus aktuellem Anlass aber nötig ist:

Vor einigen Tagen gab es auf der A6 einen Unfall, bei dem ein LKW-Fahrer um’s Leben gekommen ist. Vorbeifahrende Leute hatten nichts Besseres zu tun, als Fotos und Videos zu machen. Davon abgesehen, dass ein Kilometer langer Stau entstanden ist, ist dieses Verhalten absolut ekelhaft!

Die Reaktion eines Polizeibeamten auf die vielen Gaffer mag vielleicht umstritten sein, aber scheinbar sind solche radikalen Aktionen nötig, um den Menschen die Augen zu öffnen und sie auf ihre eigene Dummheit hinzuweisen.

Viel hat es leider nicht gebracht. Einige Tage später bei einem Unfall auf der A5 gafften die Leute noch genauso unverschämt. Auch hier gab es eine entsprechende Reaktion der Polizei.

Bitte unterlasst das Gaffen! Das ist nicht nur asozial und respektlos, Gaffer sehen noch dazu komplett bescheuert aus!

Denkt immer daran, dass eure Freunde, eure Omi oder ihr selbst in eine Notsituation kommen könntet. In diesem Fall würdet ihr doch auch wollen, dass jemand den nötigen Respekt zeigt und vorbehaltlos seine Hilfe anbietet, oder?

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