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Warum sich auch Studenten für #artikel13 interessieren müssen

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Die EU hat eine gute Idee, die sie aber ganz furchtbar umsetzen möchte. Gerade jetzt in der Prüfungszeit gehen bei Studenten manche Themen komplett unter. Wir glauben, dass das Thema Urheberrechtsschutz nicht zu diesen Themen gehören sollte (jaja, auch wenn es super un-sexy klingt). Und weil ihr beschäftigt seid, fassen wir alles super knapp zusammen, damit ihr entscheiden könnt, ob ihr euch für Artikel 13 und Artikel 11 interessieren solltet. Spoileralarm: Solltet ihr!

Was ist das?

Die EU strebt eine Reform des Urheberrechts an. Ziel ist es, dass im Internet keine lizensierten Materialien verbreitet werden, wenn vorher keine Berechtigung eingeholt wurde. Das ist kein schlechter Gedanke. Immerhin entzieht sich das Internet vielen Regulierungen und da es noch eine Weile bleiben wird (gehen wir einfach mal von aus) sind Gesetze, die klare Regeln schaffen, wichtig.
Doch trotz der guten Idee rollt eine Protestwelle durch das Internet. Es geht nämlich nicht darum zu verhindern, dass ganze Bücher, Filme oder Musik ohne Lizenz verbreitet werden. Alles, was urheberrechtlich relevant ist, soll vorher von Internetplattformen geprüft werden. Heißt: Jedes mal wenn jemand etwas auf Facebook, Google oder YouTube hochladen möchte, wird es vorher gefiltert. Manch einer würde ein anderes Wort benutzen: Zensur.

Was sind mögliche Folgen?

Somit ist zu befürchten, dass „Uploadfilter“ bald zum Internetalltag gehören werden. Na gut, na gut, wen juckt es? Jeden, der im Internet aktiv ist! Und sogar jeden, der im Internet passiv ist. Auch StudentsStudents wird davon betroffen sein. Das einst so freie Internet bekommt an vielen Stellen einen Türsteher.
Entweder man erwirbt Lizenzen für Videos, Audiomaterial, Texte und Bilder oder sie werden nicht hochgeladen. Das kann vorteilhaft sein – so können viele Künstler davor bewahrt werden, dass ihre Inhalte frei zugänglich gemacht werden, ohne dass sie dabei einen Cent sehen. Theoretisch. Denn die neuen Gesetze gelten nur für Unternehmen, die älter als 3 Jahre sind, über 10 Millionen Euro Umsatz machen und mindestens 5 Millionen Nutzer im Monat haben. Einerseits gut für kleine Unternehmen und Plattformen, die sich einen Uploadfilter nicht leisten können, andererseits am Problem vorbei, weil Inhalte einfach an anderen Stellen verbreitet werden.
Zuständig für das Blockieren dieser Inhalte werden die Online-Anbieter wie YouTube oder Facebook selbst sein. Damit werden sie auch zum Zeitpunkt des Hochladens haftbar und werden ihre Filter lieber feiner als grober einstellen, um sich abzusichern. Diese Filter gibt es auch heute schon  – wollt ihr ein Nacktbild von euch bei Facebook hochladen, um eure Karriere als Porno-Sternchen zu starten, weil ihr eure letzte Prüfung versaut habt, dann lässt Facebook das nicht zu. Allerdings hat Facebook in der Vergangenheit auch Fotos von Denkmalen und Statuen gelöscht, wenn sie Nacktheit zeigten (Neptun zu nackt fürs soziale Netz).
Auch Memes, Satire oder Zitate werden den Filtern zum Opfer fallen. Das Problem dabei ist, dass die Filter nicht ausgereift sind. An einem Tag ist ein Meme okay, am nächsten wird es gelöscht. Von Hans Peter aus Stralsund wird ein Gif als lizenzfrei eingestuft – von Theresa Maria aus Bad Doberan nicht. Klare Regeln sehen anders aus.

Wer hat das entschieden?

Neben den möglichen Konsequenzen, die nicht genau abzusehen sind und vielleicht verheerend sein werden, gehört zu der Empörung auch die Art und Weise der Reform. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD steht nämlich, dass es keine Uploadfilter geben wird – jetzt stimmten fast alle Mitglieder dieser Parteien für die Reform. Huch.


Viele junge Leute bemängeln außerdem, dass diejenigen, die diese Reform beschlossen haben (Achtung: Sie ist noch kein geltendes Recht!), das Internet nicht verstehen, weil sie nicht damit aufgewachsen  sind. Wurdet ihr schon mal von euren Eltern angerufen, weil sie ausversehen das Internet gelöscht haben? Einige, die jetzt über die Zukunft des Internets entscheiden, haben genau so viel Ahnung wie eure hilflosen Eltern und Großeltern. „Alexa, warum laufen uns die Wähler weg?“

Wie wehrt sich „das Internet“?

Die Reform hat einen finalen Entwurf, wurde aber noch nicht bestätigt. Somit ist eigentlich noch nichts passiert. Internetaktivisten, YouTuber und Vertreter von Google und Co. positionieren sich deutlich. Auch der Bertelsmann Verlag, der zu denen gehört, die mit der Reform eigentlich geschützt werden sollen, sieht mehr Nachteile als Vorteile und lehnt die Reform ab – neben vielen anderen.
Sogar auf die Straße treibt es die Menschen: Eine relativ spontan angekündigte Demo in Köln hatte 1000 bis 2000 Besucher. Für den 23. März sind europaweit Demonstrationen geplant – da soll noch mal einer behaupten, die Jugend hängt nur am Smartphone.

Fazit

Dieses Thema vollständig zu erschließen, ist ziemlich schwierig. Fest steht, dass selbst diejenigen, die für mehr Regulierung im Internet sind, feststellen werden, dass der jetzige Gesetzesentwurf zu einer bisher nie da gewesenen Zensur führen wird. 2012 stellte der Europäische Gerichtshof in einem Urteil bereits fest, dass (Vorab-)Uploadfilter die Meinungsfreiheit und das Recht auf Privatsphäre unrechtmäßig einschränken – Unternehmen werden sich darauf jedoch nicht verlassen und die Einschränkungen würden erst einmal durchgesetzt bis es ein mögliches neues Urteil gibt. Chaos ist vorprogrammiert.
Es bleibt also dabei: Eine grundsätzlich gute Idee – der Schutz von lizensiertem Material und eine angemessene Vergütung der Schaffenden – wird durch eine miserable Umsetzung ad absurdum geführt. Das geht jeden etwas an, denn noch können wir es aufhalten.

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