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Der Verlust wahrer Freundschaft: Warum das Studium uns einsam macht

„Gute Freunde kann niemand trennen“, sang einst unser Kaiser, der Beckenbauer Franz. Wie sehr er doch irrte. Denn Freundschaften haben es dieser Tage äußerst schwer. So einiges trennt sie in dieser schnelllebigen Welt – z.B. das Studium.

„Hallo und tschüss, wir sehen uns nächste Woche.“

So enge Gefährten, wie wir sie zu Schulzeiten hatten, sind nach dem Abitur schwer zu finden. Als Ersti wird in einer neuen Stadt alles auf Null gestellt. Tiefe Bündnisse, die durch dick und dünn gehen, haben in der Studienzeit echten Seltenheitswert. Finden wir unseren Sitznachbarn in einem Seminar sympathisch, ist es schwer, diese Sympathie in echte Freundschaft umzumünzen.  Anders als in der guten alten Schulzeit, haben wir nämlich nicht den ganzen Tag miteinander zu tun, sondern meistens nicht mehr als 90 Minuten.

Freundschaft bedeutet, Ruinen zu erforschen und Hobbys zu teilen, …

Selbst wenn gegenseitiges Interesse vorhanden ist, weichen die Tagesverläufe von Studenten häufig so sehr voneinander ab, dass es schwer ist, überhaupt einen gemeinsamen zeitlichen Nenner zu finden. Wir haben es in jeder Veranstaltung mit dutzenden anderen Gesichtern zu tun und sind in der Menge für viele nur konturlose Personen, die sie vom Sehen aus dem Studiengang kennen und mit der sie sich wahrscheinlich auch schon mal unterhalten haben – aber eben nur flüchtig und selten über etwas Anderes als das Studium. Und so verläuft sich vieles reizlos im Sand. All diese Umstände machen es schwer, Oberflächlichkeiten zu überwinden und etwas Nachhaltiges aufzubauen, das Bestand hat.

Die Melancholie der Nostalgie

…sich schmutzige Witze zu erzählen, …

Was einst Bestand hatte, besteht nur noch in der Ferne. Ein Stern am Nachthimmel, von dem wir nicht wissen, ob er noch existiert oder bereits erloschen ist, aber dessen erinnerndes Licht uns noch erreicht und glauben lässt, alles wäre beim Alten. Aber so ist es nicht. Es hat sich etwas verändert und das wissen wir, auch wenn wir es uns nur schwer eingestehen wollen. Gemeint sind unsere alten Freundschaften, die uns jahrelang in der Prä-Studienzeit begleiteten, mit denen wir gemeinsame Geschichten teilen und zusammen groß wurden. Die genauso ticken wie wir, weil wir uns über die Jahre gegenseitig geformt haben. Wir erinnern uns nur allzu gern daran.
Freilich, es ist manchmal eine schmerzvolle Erinnerung, weil Nostalgie gerne mit Melancholie einhergeht. Das sind diese Momente voller Sehnsucht nach Vergangenheit, die so viel bedeutsamer erschien als der heutige Tag. Eben weil wir Freunde hatten, mit denen wir alles teilten (nicht nur bei Facebook), bei denen man nicht aufpassen musste, was man sagte – ohne Angst vor einer Wertung, weil dein Gegenüber nicht vertraut genug ist.
…gemeinsam kreativ zu sein, …

Doch nun leben die alten Freunde verstreut in der Republik und haben sich, genauso wie man selbst, ebenfalls ein loses Netzwerk von Studienbekanntschaften aufgebaut, das den nach sozialer Vertraut- und Ungezwungenheit lüsternen Geist nur unzureichend befriedigt. Die hiesigen Bekanntschaften wenigstens wie Freundschaften wirken zu lassen bzw. alte Freundschaften am Leben zu erhalten, ist mit Aufwand verbunden, doch genau das ist ein eklatanter Definitionsfehler von Freundschaft, auch wenn er unumgänglich scheint. Nicht jeder ist dazu bereit und noch weniger sind dazu in der Lage.

Die Last wahrer Freundschaft

…gemeinsam blöd zu sein und vieles mehr.

War früher also alles besser? Sind wir heute dazu verdammt, verblendete Karrieremenschen zu werden, die durch fehlende wahre Freundschaft Gefahr laufen, in diesem universitären Käfig intellektueller Muskelspielerei zu vereinsamen? Sind wir allein oder leiden wir einfach unter der Last des Anspruches, den wir an neue Freundschaften stellen, weil wir alles mit damals vergleichen und dadurch viele Dinge übersehen?
Das Pflegen von alten aber auch neuen Kontakten, das anfangs noch auf einem intrinsischen und ehrlichen Willen basiert, kann sich schnell zu einem inneren Pflichtgefühl wandeln und zu einer Last und schlechtem Gewissen verkommen, wenn man sich eingestehen muss, dabei zu scheitern. Denn glücklich ist niemand über Kontaktverlust. Doch er schleicht sich unbemerkt ein und ehe wir uns versehen, ist es zu spät und man hat sich auseinandergelebt.
Wahre Freundschaft zeigt sich letztendlich darin, dass, egal wie lange man sich nicht gesehen hat, sie keine lange Zeit benötigt, um sich ungezwungen und vertraut auszuleben. Und dann hat der Kaiser doch wieder einmal recht behalten: Gute Freunde kann niemand trennen.

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