„KEINE POLITIK IM STADION!“, schreit der Hooligan, gleich nachdem er einen Fußballer als „Schwuchtel“ beschimpft hat und während er gleichzeitig einen Pullover trägt, auf dem Thor Steinar steht. Bei Facebook attackiert er diejenigen, die sich für eine offene Kurve aussprechen, die gegen Rassismus und Homophobie vorgehen wollen. Weiber gehören da auch nicht hin. „Das ist doch Politik!1!1!1!! Das gehört nicht in die Stadion!1!!!?!“
Natürlich ist das eine überspitzte Darstellung. Die Handvoll derer, die wirklich so stumpf sind, die ist schwindend gering. Doch zu ihnen gesellen sich weitere, die lautstark fordern, die Politik aus Stadien rauszuhalten. Fußball sei eine Zuflucht, genau dazu da, um die alltäglichen Probleme zu vergessen. Dumm nur, dass Fremdenfeindlichkeit, Beleidigung, Frauenfeindlichkeit und Schwulenhass nicht einfach verschwinden, nur weil man so tut, als gäbe es sie im Stadion nicht.
Ganz suspekt wird es, wenn eben diejenigen die Abkehr von der Politik fordern, die sie selbst in die Fanszenen tragen. Das ist beim besten Willen kein Rostock-spezifisches Problem, das passiert überall. Doch wir von StudentsStudents nehmen unseren Heimatverein als Beispiel, um euch zu zeigen, wie viel Doppelmoral hier eigentlich im Spiel ist.
Es scheint, als solle Politik nur raus aus dem Stadion, wenn sie der eigenen Meinung widerspricht. Erschreckend ist, dass Stimmung dabei fast ausschließlich gegen weltoffene und anti-diskriminierende Tendenzen gemacht wird. „Der moderne Fußball“ oder „die Gutbürger“ sind dann plötzlich diejenigen, die ihren Fußball kaputt machen. Nachdem sie einem Vertreter des gesunden Menschenverstandes dann ihre Meinung gebrüllt oder gecapslockt haben, drehen sie sich um und rufen „heil“ oder „schwarze Sau“.
Wer jetzt denkt, dass man dagegen doch etwas machen müsste, der hat zwar recht, darf aber nicht auf die Unterstützung des Deutschen Fußball-Bundes hoffen. Gerade gibt es nämlich einen Fall, bei dem sich Fans des SV Babelsberg 03 nicht von Nazis aus der Fanszene von Energie Cottbus die Show stehlen ließen. Die Folge? Eine deftige Strafe für Babelsberg, die unter anderem mit den „Nazischweine raus“-Rufen der Babelsberger Fans begründet wird. Courage wird auch noch bestraft. Wir finden die Reaktion von Babelsberg richtig geil:
Wer glaubt, dass das Fußballstadion ein politikfreier Raum wäre, der ist schlicht und ergreifend naiv. Die Gesellschaft mit all ihren Problemen macht am Stadiontor nicht einfach Halt. Es wäre traumhaft, wenn im Stadion wirklich jeder nur ein Fußballfan wäre. Egal ob dunkelhäutig oder hellhäutig. Egal ob Mann oder Frau. Egal ob hetero oder homo. Egal ob großgewachsen oder kleingewachsen. Einfach nur Fan. Doch diese Utopie wäre nur zu erreichen, wenn die Fans aufhören würden, diese Unterschiede als Grundlage für Diskriminierung zu nutzen.
Stattdessen zerlegt man sich selbst, indem man Fragen von links und rechts aufwirft, dumme Aufkleber druckt und bescheuerte Transparente malt. Die geforderte Einheit im Block ist eine Illusion, zerstört von innen heraus. Da kann man ausnahmsweise nicht dem DFB oder der Politik die Schuld geben. Diese Doppelzüngigkeit ist schon ganz allein euer Verdienst.
Nachtrag: Bevor hier die Facebook-Experten auflaufen, natürlich gibt es auch Probleme mit Linksextremismus in Fußballstadien. Bei Derbys finden sich immer wieder Krawalltouristen im Stadion wieder, die von links und rechts kommen. Was wir zeigen wollen ist, dass wir den kleinen Nazibälgern auf den Tribünen ihren Deckmantel des Unpolitischen vom Kopf ziehen müssen!