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R.I.P. studiVZ: das Ende einer Ära

Es gab eine Zeit vor Facebook. Da schrieb man sich Briefe, telefonierte und das soziale Netzwerk wurde vor der Haustür geknüpft und gepflegt. Und dann gab es noch studiVZ und für die jüngeren schülerVZ.

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Fame: Ordentlich was los im schülerVZ von Nadia.

Ein paar Erinnerungen

Das waren noch Zeiten, als wir damals im Informatik-Unterricht mehr damit beschäftigt waren bei schülerVZ herumzuhängen als unsere Excel-Skills zu schärfen. Auf diesen Plattformen haben wir unsere ersten Schritte im Sozialen Netzwerk gemacht. Das war neu, das war spannend und wir gingen noch völlig unverblümt und naiv mit unseren Daten um. Wir stalkten nicht, wir recherchierten. Es wurde geflirtet und gechattet, peinliche Spiegelbilder mit Digicam hochgeladen, um darauf Freunde zu verlinken und zu betteln: „Kommis, please <3!“
Nachrichten wurden uns von einem Männchen auf lilafarbenem Grund übermittelt, das uns einen gewaltigen Brief entgegenstreckte. Comic-Zeichnungen machten uns erkenntlich, dass jemand unser Freund sein möchte. Voller Neugier konnten wir sehen, wer sich unsere Seite angeguckt hatte. Manchmal wurden wir sogar gegruschelt, einer Mischung aus Gruß und virtuellem Kuscheln.

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Traurig: der Abschiedsbrief von schülerVZ.

Über die vielen lustig-absurden Gruppen, die ein Zeichen unserer Coolness und unseres unbestechlichen ironischen Humors waren, müssen wir gar nicht erst reden. Schrieb uns jemand auf die „Pinne“, freuten wir uns. Damals waren rot oder rosa statt blau die Trendfarben des sozialen Netzwerkes. Zweifelsohne, studiVZ und Co. waren für uns wunderbar spannende Parallelwelten, ohne die es eigentlich gar nicht ging. Eine Mischung aus öffentlich zelebrierten Minderwertigkeitskomplexen und hochtrabender Selbstüberschätzung. Jeder verbindet damit sein ganz spezielles Gefühl. Und dann kam Facebook…
Doch eines Tages, ein Flüstern machte sich im Buschfunk breit, richtete der Gott des Social Networks, namentlich Mark Zuckerberg, 2008 sein Auge auf Deutschland und vernichtete mit Facebook erst schülerVZ und nun bald auch studiVZ, sowie seinVZ. Ein Insolvenzverfahren wurde eingeleitet. So lange bis dieses abgeschlossen ist, sollen Letztere noch verfügbar bleiben. Die Betreiber versuchen jedoch mit allen Mitteln weiterzumachen. Doch machen wir uns nichts vor: Wann wart ihr das letzte Mal bei studiVZ aktiv? Zuletzt gab es immerhin noch 40.000 User – einst waren es 17 Millionen. Facebook und Twitter sind einfach zu groß. Immer mehr Verzeichnis-User wurden abtrünnig und wanderten über. Plötzlich waren VZ-Netzwerke nicht mehr cool. Nun war Facebook der angesagte Shit – zumal es international war.
Noch leben studiVZ und meinVZ. Schwer atmend liegen sie beisammen und halten zitternd einander die Hand. Es ist kalt geworden. Immer seltener kommt Besuch vorbei. Man hat sie vergessen. Bald werden sie von uns geschieden sein. SchülerVZ wurde bereits 2013 zu Grabe getragen. Kaum einer hat´s mitbekommen. Solch ein Tod, ist ihrer nicht würdig.
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Letzte Chance: Noch habt ihr die Möglichkeit auf studiVZ-Safari zu gehen.

Was übrig blieb: eine soziale Wüste

Der Autor dieses Artikels schaute neulich mal wieder vorbei und fand ein Trauerspiel vor. Die einst stolze Freundesliste hat sich fast komplett aufgelöst. Fast alle haben ihr Profil plattgemacht. Einige vergaßen es, dies zu tun oder ließen aus Nostalgie alles so, wie es war. Die letzte Aktivität von einem der verbliebenen Freunde liegt fünf Jahre zurück. Eine deprimierende VZ-Safari. Hier passiert absolut nichts mehr. Rote Tristesse. Keine Veranstaltungen, kein Gruschel, keine Freundschaftsanfrage, ein Postfach, gefüllt mit Nachrichten von „Gelöschte Person“. Bilder vom Hurricane 2008, Paddeltour 2009, Haus-Party 2010. studiVZ ist ein rostiger Freizeitpark geworden, der mehr und mehr auseinanderbricht. Man wartet förmlich auf eine selbstironische Animation der Betreiber, in Form eines Präriestrauches, der hin und wieder durch den Bildschirm rollt.
Vielleicht könnte man die Seite durch ein postapokalyptisches Social-Network-Game retten, in dem Zombie-Animationen deiner zu Facebook abgewanderten Freunde plötzlich auf dem Bildschirm auftauchen, während du studiVZ erkundigst. Per Mausklick musst du sie wie bei „Moorhuhn“ abschießen – was nicht schlimm ist, schließlich haben sie in diesem Zustand nichts mehr mit deinen Freunden zu tun.
Nein, hier findet man nichts außer melancholischer Nostalgie. Erinnerungen an eine schöne Zeit, wo das Chatten wichtiger war als diverse Fakenews zu kommentieren. Ein Fossil des Prefacebooktoriums, eines digitalen Zeitalters, bevor Mark Zuckerberg wie ein Komet die Verzeichnis-Netzwerke auslöschte.
Fest steht: Es hat sich ausgegruschelt.
Zum Schluss haben wir für Euch noch ein paar Screenshots grandioser Gruppen-Listen von studiVZ und Co. Vielleicht wart Ihr in der einen oder anderen ja sogar Mitglied. Klickt einfach auf eines der unteren vier Bilder, macht Euch traurige Musik an und startet die Slideshow, um in Erinnerungen zu schwelgen.

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