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Wir sind überall und nirgends: Über unsere Angst, etwas zu verpassen

Welch bedauernswerter Generation gehören wir eigentlich an, dass wir uns das Herz schwer machen, weil wir in einer schier endlosen Freiheit leben? Einer Freiheit, die stets von dem Damoklesschwert unseres hedonistischen Gemüts begleitet wird.
Was sagt die Wochenendplanung? Überall ist was los. Die einen gehen zur Homeparty, die anderen in den Club. Ein Spiele-Abend findet auch irgendwo statt. Und wo könnte man vorglühen? Wo könnten wir am meisten etwas verpassen? Eigentlich brauchen wir mal wieder Schlaf aber im Bett zu gammeln, während die anderen Party machen, das ist nur schwer ertragbar.

Überall
Überall…

Wie traurig ist das denn bitte, dass wir unsere innere Mitte so sehr ins Wanken geraten lassen, weil da etwas in uns steckt, das uns in Panik versetzt, weil wir etwas verpassen könnten? Und so ziehen wir durch die Nacht wie Irrlichter. Schauen mal hier und mal dort rein. Grüßen jedes zweite namenlose Gesicht und unterhalten uns wie aufgescheuchte Hühner über dies und jenes. Wir haben viele Freunde – bei Facebook. Doch Wegbegleiter, mit denen wir durch dick und dünn gehen, so wie es zuletzt zu Schulzeiten war, sind eher rar. Warum fällt es uns so schwer, nachhaltige Freundschaften aufzubauen? Wir vernetzen uns aber finden keinen Halt, denn Freundschaft verliert in diesen Wirren der Rastlosigkeit an Wert und verkommt zu einer Suche nach „Optionen“ – Ausnahmen bestätigen die Regel.
Wir sind immer auf dem Sprung, wippen nervös mit den Knien, schauen auf das Handy. Es hat schon einen leicht faden Beigeschmack, wenn Gäste am selben Abend noch vorhaben auf einer zweiten Hochzeit zu tanzen und ihre Anwesenheit nur dem persönlichen Zweck des Vorglühens dient. Nach kurzer Zeit verabschieden sie sich schon wieder. Sie müssen weiter – noch zu anderen Bekannten oder zu dieser oder jener Party. Keine Zeit zum Versacken oder mit anderen Worten: Keine Zeit sich an einem Abend einfach mal fallen zu lassen und sich ausschließlich auf eine Gesellschaft zu konzentrieren. So erscheint es, dass viele es lediglich als ihre höfliche Pflicht verstehen, der Einladung des Bekannten zu folgen, um nicht in der Gunst dieser „Option“ zu fallen. Auf solche Form der Höflichkeit kann gerne verzichtet werden.
Wie eine Biene, die von Blume zu Blume fliegt, um diese zu bestäuben, klappern wir möglichst viele Events ab, um unseren Fingerabdruck zu hinterlassen. Dadurch können wir mitreden. Wir waren ja überall aber im Endeffekt eigentlich nirgendwo.
Nirgends
…und nirgends.

In unserer Brust schlägt ein halbes Herz. Wir sind Getriebene, die immer etwas in der Hinterhand haben müssen. In einer Zeit, vollgestopft mit Optionen, werden wir gierig und nimmersatt. Es geht irgendwo immer noch besser und dieser Gedanke macht uns unruhig und krank. Der Schlaf ist unser Feind, der Mond ist unsere Sonne, pushende Drogen unser zwielichtiger Freund und das alles, weil wir nicht unruhig im Bett liegen wollen, weil uns die Angst des Verpassens geißelt. Wir müssen alles unter einen Hut kriegen und streben nach einer seltsamen Art von Gleichzeitigkeit. Unsere Wochenenden sind dadurch zwar ereignisreich aber nachhaltig nur unbedeutende Randnotizen.

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