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Frauenpower an der Uni Rostock – oder "Gläserne Decke"?

– Von Georg Bussler

Der Spiegel
hat kürzlich einen Artikel zum Thema Gleichstellung an Hochschulen in Deutschland verfasst. Die Erkenntnis: Es gibt zwischen den Universitäten große Unterschiede, aber durchschnittlich betrachtet, wird nicht mal jeder vierte Lehrstuhl von einer Frau besetzt (23%). Besonders niedrig sind die Prozentwerte an technischen Universitäten – der niedrigste Wert liegt bei 10 % an der TH Mittelhessen. Statistisch noch schlechter sieht es für Frauen bei der durchschnittlichen Bekleidung von Dekanatsposten (17%) aus. Und wie ist die Lage in Rostock? 

Männchen wie Weibchen im Gleichschritt.

Ähnlich. Wo man auch hinschaut, die Führungspositionen liegen größtenteils in männlicher Hand. Eingangs haben wir euch ein Video präsentiert, das unsere Uni auf YouTube bereitstellte. Zu sehen und zu hören, sind die drei Professorinnen Prof. Dr. Ursula van Rienen (Informatik und Elektrotechnik), Prof. Dr. Katrin Sternberg (Medizin) und Prof. Dr. Ursula Götz (Germanistik). Sie sollen als gute Beispiele für junge Studentinnen dargestellt werden, um sie zu motivieren, sich in der – spitzzüngig formuliert – Männerdomäne Universität erfolgreich zu behaupten. Ist das wirklich so schwer oder wird da auch vieles heißer gekocht als es später gegessen wird?
Die zwei Professorinnen mit den gegensätzlichsten Auffassungen im Video sind Prof. Dr. van Rienen und Prof. Dr. Sternberg. Erstere gibt zwar zu, dass der Frauenanteil an Unis stetig steigt, doch sobald es darum gehe, zu habilitieren, also den höchstrangigsten Hochschulabschluss anzustreben, wird es übersichtlicher. Sie verwendet gleich vorweg die Metapher der „Gläsernen Decke“, das heißt, dass demnach einigen Frauen der Weg in Führungspositionen versperrt wird – auch deshalb, weil einige Professoren ihre Kolleginnen angeblich schlicht übersehen. 
Von Gleichschritt keine Spur.

Die E-Technikerin lässt dabei Platz für Interpretationen, denn sie lässt durchblicken, dass einige Frauen deshalb nicht wahrgenommen werden, weil sie sich nicht so sehr in den Vordergrund stellen würden. Was genau meint sie mit „in den Vordergrund stellen“? Ohne, dass es das bedeuten muss, könnte man bei dieser Aussage auch einen versteckten Hinweis auf Sexismus heraushören.
Besonders das Thema Familienplanung spielt bei allen drei Professorinnen eine argumentativ große Rolle. Sie erklären, dass eine Schwangerschaft ein entschleunigender, nicht jedoch ausbremsender Faktor für die Karriere einer Frau an der Uni ist. Die drei Damen sind jeweils Mutter von Kindern und haben es trotz dieser Doppelbelastung geschafft, universitär erfolgreich zu sein. Ein Kind ist für die Karriere einer Frau allein biologisch eine größere Herausforderung, doch liegt es auch in der Hand des Vaters, die Mutter zu unterstützen. Am Ende ist dieser Faktor auch abhängig von einer gesunden Beziehung.
Prof. Dr. van Rienen sieht jedoch auch hier klare Nachteile für Frauen, da die Kinderbetreuung in Deutschland keinesfalls zufriedenstellend ist und dass es „doch eher noch der Fall ist, dass ein Mann das Glück hat, dass eine Frau ihm den Rücken freihält“ als umgekehrt. Während die Frau also „eher“ damit beschäftigt ist, sich um das Baby bzw. Kleinkind zu kümmern, kann der Mann sich seiner Karriere widmen.

Prof. Dr. Sternberg sieht es weit weniger dramatisch. Auch die These, dass es immer noch eher der Fall ist, dass Frauen dem Mann den Rücken freihalten, relativiert sie, da auch immer mehr Männer Elternzeit in Anspruch nehmen. Ihrer eigenen Erfahrung nach gibt es für Frauen keine gravierenden Nachteile an der Uni. Dass es weniger Damen in universitären Führungspositionen gibt, läge vor allem auch daran, dass weit weniger Frauen überhaupt habilitieren. Der Medizinerin zufolge, wäre sie sogar enttäuscht, würde an dieser Stelle das Leistungsprinzip nur wegen einer Frauenquote nicht gelten, was letztendlich auch der Wissenschaft nicht gut täte. Das bedeutet nicht, dass Frauen per se qualitativ weniger geeignet sind, sondern sie weniger an höherrangigen Leistungsqualifikationen teilnehmen.
Doch warum ist das so? Ein Erklärungsansatz wäre eine #metooeske Sexismusdebatte. Man könnte auch der Frage nachgehen, ob Frauen vom Wesen her weniger nach Macht und Führung gieren als ein Mann. Wie präsent sind dabei gesellschaftliche Stigmatisierungen? Ist es Zufall oder gesellschaftlich geprägt, dass eine Professorin aus einem klischeemäßig männlichen Forschungsgebiet schlechtere Erfahrungen hinsichtlich einer Gleichberechtigung der Geschlechter gemacht hat als eine Professorin, die in der Medizin tätig ist – einem Feld, das gesellschaftlich vermeintlich vielleicht eher als „Frauenberuf“ akzeptiert wird als es bei einer Informatikerin bzw. E-Technikerin der Fall ist? 

Man könnte nun relativieren und beschwichtigen, dass Frauen in der Wissenschaft derzeit so erfolgreich und präsent sind wie nie zuvor. Es wäre allerdings auch bedenklich, ginge der Trend wieder in die andere Richtung. Für eine angestrebte Gleichberechtigung der Geschlechter – durch welche Faktoren auch immer sie gebremst wird – sind die vorliegenden statistischen Zahlen letztendlich weiterhin ein kümmerlicher Wert. Und es ist noch eine Menge Luft nach oben.

Wie nehmt Ihr diese Thematik wahr? Woran liegt es, dass so wenige Frauen habilitieren und Führungspositionen besetzen? Haben wir vielleicht sogar ein Sexismusproblem oder liegt der Hund woanders begraben? Was muss sich ändern?

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