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Rostock im Auge der Jugendgewalt – oder alles halb so wild?

Ein Kommentar
von Georg Bussler

Wer sich dieser Tage über ein seltsam erhöhtes Polizeiaufgebot außerhalb von Spieltagen des FC Hansa Rostock wundert, dem ist wahrscheinlich entgangen, dass es in unserer Hansestadt in letzter Zeit zu einigen gewalttätigen Vorfällen zwischen verschiedenen Gruppen von Jugendlichen kam. Der aktuellste Vorfall ereignete sich am 16. Februar zwischen 19 und 20 Uhr am Doberaner Platz. Zwei Gruppen von insgesamt 30 Teenagern prügelten an jenem Tag mit Füßen, Fäusten und Gürteln, sowie abgebrochenen Glasflaschen aufeinander ein. Einige der Beteiligten sind polizeibekannt. Die Neueste Nordeutsche Nachrichten (NNN) berichtet davon, dass das Ganze verabredet war. Zwei gegen Zwei lautete angeblich das abgesprochene „Reglement“. Dabei blieb es allerdings nicht und so eskalierte das Geschehen.

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Tatort 1: Doberaner Platz

Ausgangsort des Konfliktes waren mal wieder die Wallanlagen, wie schon am 28. Januar, als ein 15-jähriger ebendort einer Gruppe Teenagern zum Opfer fiel und zum KTC flüchtete. Dort eilten ihm mehrere Jugendliche zu Hilfe. Die Täter verwendeten mindestens ein Messer und einen Schlagstock als Waffe. Harter Tobak, muss man sagen. Laut Ostsee-Zeitung löste sich die Schlägerei mit Eintreffen der Polizei auf.
Und nun wieder, mit dem Unterschied, dass diese Gewaltszenen diesmal am Dobi endeten – warum auch immer dort. Was sollte dieser öffentliche Ort bezwecken? Öffentlicher und zentraler geht es in Rostock ja kaum. Es erscheint fast so, als hätte es eine Bühne oder Arena für diesen scheinbar „notwendigen“ Kampf geben müssen. Bedurfte es diese Aufmerksamkeit, um den Leuten ein bisschen Gangster-Präsenz zu zeigen? Wichtigtuerei? Offensichtlich existieren in Rostock mindestens zwei Jugendgruppen, die nicht gerade zimperlich im Umgang mit Gewalt sind und möglicherweise eine gewisse Affinität für öffentliche Wahrnehmung haben. Teenager haben es mit ihrem alterstypischen Gefühlscocktail absolut nicht leicht. Die Emotionen wehen wie ein Fähnchen im Wind.
 
 
 
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Tatort 2: Kröpeliner-Tor-Center (KTC)

Ohne irgendetwas klein reden zu wollen, denn eine kleine Sache sind diese Vorfälle wahrlich nicht, handelt es sich bei den Motiven weder um Fremdenfeindlichkeit noch um religiösen Fanatismus. Die Gründe liegen laut Polizeibericht in typisch jugendlichen Gefilden – Mädchen, Eifersucht, Langeweile und verletzte Egos.
Klar, es waren in beiden Fällen zwar auch Teenager mit Migrationshintergrund beteiligt. Doch bevor diese Tatsache für die düsteren Machenschaften gewisser politischer und pseudopolitischer Personen instrumentalisiert wird, sei gesagt, es waren durchaus nicht wenige Deutsche dabei. Gerade bei dem jüngsten Vorfall findet man ein unübersichtliches Durcheinander an Beteiligten vor. Und betrachtet man die vergangenen Jahrzehnte, so stellt man fest, dass Jugendkriminalität schon immer an der Tagesordnung war. Es kommt doch nicht von ungefähr, dass dieses Alter ein Image mit sich trägt, das stets von einem fassungslosen Kopfschütteln begleitet wird. Nur, ob die Gewalt in diesem Maße ebenfalls „normal“ ist, ist die Frage.
Das gesellschaftliche Problem dieser Tage liegt darin, dass viele in der Bevölkerung sofort den Kopf verlieren, wenn so etwas passiert und sie sich allzu schnell halbwissend politisieren und sich von jedweder Sachlichkeit entfernen. Allein, was man speziell zu diesen Vorfällen an widerwärtigen Kommentaren lesen konnte, ist erschreckend. Es ist leicht, in dieser Zeit Sündenböcke zu finden. Natürlich muss gehandelt werden und jeder mit Migrationshintergrund aus dem Verkehr gezogen werden, der sich rechtswidrig verhält. Ebenso wie es mit jedem Deutschen getan werden muss, wenn er beispielsweise im Zuge eines Fußballspiels an Gewaltexzessen teilnimmt. Genauso, wie nicht alle Fußballfans gewalttätige Schläger sind, sind nicht alle Ausländer kriminell oder die Jugend von heute per se schlimmer als früher.
Es bedarf weder Spiderman noch Batman, um dieser Jugendgewalt Einhalt zu gebieten und erst recht nicht irgendwelche paranoiden Hetzredner. Wichtig ist, dass der vorschnelle Stempel unserer Zeit nicht wieder zum Einsatz kommt und stattdessen konstruktiv gehandelt wird. Polizei, Stadt und Jugendhilfe arbeiten bereits zusammen, um den Triebkräften dieser Gewaltspirale den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das Vorhaben der Videoüberwachung wird vorerst ad acta gelegt, berichtet die NNN. Dadurch wäre nur eine punktuelle Überwachung möglich. Streetworker seien eine bessere Lösung. Den Jugendlichen müsse man eher alternative und attraktivere Raumangebote bieten als sie bisher vorhanden sind.

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