Seit Jahren wird verschiedenen Zirkussen Tierquälerei vorgeworfen. Immer wieder Debatten. Tierschützer bekleben Werbe-Plakate: „Abgesagt – wegen Tierquälerei“. Ärger beim Zirkus. Ein ungeklärtes nationales Streitthema.
Circus Werona befindet sich noch bis zum 18. September am Werftdreieck. Das dürften Fahrradfahrer bereits gemerkt haben, die, vom Stadthafen kommend, beinahe über 12 Kamele fallen. Die stehen nämlich direkt am Fahrradweg und sind somit auch der viel befahrenen Straße nah. Wer nicht daran vorbeigefahren ist, hat eines der Plakate mit den Figuren aus „Frozen“ gesehen – Circus Werona wirbt nämlich damit, Elsa, Anna und Schneemann Olaf in seine Show eingebaut zu haben.
Aus der Wüste oder aus wüstenähnlichen Gebieten in Afrika, Australien oder Asien kommen die 12 Kamele, die derzeit mit dem Zirkus Rostock-Luft schnuppern – aber haben die Filmstars, die in keiner Wüste eines Hollywood-Blockbusters fehlen dürfen, hier bei uns in der Hansestadt ein schönes Leben? Genug Platz, genug Essen? Zirkusse – von einigen gehasst, besonders von Kleinen geliebt – stehen oft im Halbwissen-Fadenkreuz der Öffentlichkeit. Wir nehmen unsere zwölf Kamelfreunde als Beispiel, um etwas über die Kontrolle von Zirkussen auf Tierschutz zu erfahren. Dazu gehen wir in die Online-Recherche und lösen anschließend auf mit den Angaben des Rostocker Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamts.
Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. schreibt in einem Blatt für die Haltung von Kamelen in Zirkussen, dass die Tiere unbedingt täglich beschäftigt werden und Auslauf mit anderen Kamelen mit Natur- oder Sandboden sowie Scheuermöglichkeiten haben müssen. Ein Unterstand muss auch zur Verfügung stehen. Die TVT schreibt außerdem, dass Kamele der Art von Circus Werona in Boxen/Unterständen generell 12m², für jedes weitere 4m². Das ergibt für zwölf Tiere 56qm². Das Auslaufgehege sollte mindestens eine Stunde täglich verfügbar und für drei Tiere 150m² groß sein, pro weiterem Tier kommen 25m² dazu. Das ergibt eine Fläche von 375m².
Laut Tierschutzgesetz (§ 2) gilt für Tierbesitzer, dass das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden muss. Außerdem darf das Tier in seiner Bewegung nicht so eingeschränkt werden, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Zirkusse werden laut unserer Online-Recherche vom Veterinäramt in ihrem Winterquartier kontrolliert. Auch an den Gastspielorten? Angekündigt oder unangekündigt? Wie wird mit möglichen Mängeln umgegangen?
Eine Demonstration gegen Circus Werona soll übrigens am Wochenende nach der Ankunft stattgefunden haben. Tierschützer haben im Internet dazu aufgerufen, zum Circus zu kommen und die Besucher vor dem Eintreten über das Leid der Tiere mit Infomaterial aufzuklären.
Kontrolle durch das Veterinäramt in Rostock
Natürlich werden auch Zirkusse heutzutage durch Behörden überwacht. Wir haben beim lokalen Vererinär- und Lebensmittelüberwachungsamt nachgefragt, denn das ist zuständig für diese Kontrollen – neben dem Winterquartier auch in den Gastspielorten der Zirkusse, also erfolgt auch in unserer Hansestadt eine Kontrolle, wenn Zirkusse wie Circus Werona hier ihre Zelte aufschlagen.
Der Pressesprecher der Stadt Rostock, Ulrich Kunze, teilt uns mit, dass Circus Werona am 2. September – am Anfang seiner Rostocker Spielzeit – kontrolliert wurde.
Während der Gastspielzeit werden die Zirkusse laut Kunze in der Regel einmal kontrolliert – und zwar unangekündigt. „Nur bei dringlich zu erledigenden Auflagen würde eine Nachkontrolle erfolgen“, so der Stadtsprecher. Mängel, die möglicherweise bei solchen Kontrollen festgestellt werden, werden in einem Kontrollbuch notiert, das jeder Zirkus mitführen muss. Außerdem erfolgt eine Eintragung in das Zirkusregister, auf das alle Veterinärämter online Zugriff haben – so können sie sich über bisher festgestellte Mängel informieren, erklärt uns Kunze.
Laut Tierschutzgesetz § 11 müssen Kunze zufolge für die Haltung von Kamelen verschiedene Auflagen eingehalten werden:
Die Stallgröße muss 12m² für das erste Tier betragen, für jedes weitere Tier müssen 4m² ergänzt werden – wie unsere Online-Recherche ebenfalls ergab.
Auch die Größe des Außengeheges stimmt mit unseren Recherchen überein: Kunze gibt für die Kamele des Circus Werona eine geforderte Größe von 375m² (drei Kamele: 150m² + 25m² pro weiterem Tier) an. Mindestens eine Stunde täglich muss es verfügbar sein.
Der Stadtsprecher erklärt, dass die Konditionen für die Haltung zum Zeitpunkt der amtstierärztlichen Kontrolle erfüllt waren und die Tiere sich in einem guten Ernährungs- und Pflegezustand befanden. Das Stallzelt sei sogar größer als gefordert, da nicht alle der zwölf Kamele ausgewachsen seien – vier Jungtiere befinden sich unter ihnen. Zur Mineralstoffaufnahme stehen den Kamelen Salzlecksteine zur Verfügung. Auch sonst liegen gegen Circus Werona keine Beschwerden vor, so der Pressesprecher.
Unser Kommentar
Auch, wenn die Reputation von Zirkussen in den letzten Jahren zunehmend in Verruf geraten ist, sind sich zuständige Behörden in Deutschland ihrer Pflicht besonders den Tieren gegenüber bewusst. Zirkusse sind nicht sofort mit Tierquälerei gleichzusetzen, wobei fast durchgängig der Konsens herrscht, dass die Tiere für den Zirkusbetrieb ihr sicherlich schöneres Leben in freier Wildbahn aufgeben müssen – und das zu verachten ist. Sicherlich haben Kritiker in diesem Punkt recht. Es sollte aber auch in den eigenen 40 Quadratmetern mit zwei Hunden geschaut werden, wo noch Verbesserungen möglich sind.
Weiterlesen? Bei PETA sind sich alle einig, dass Circus Krone aus Verbrechern besteht.